Wegener, Wolfgang


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 Wolfgang Wegener

*16.9.1875 in Stettin
+ 29.10.1956 in Berlin

 

 

 

 

 

 

 

Deutscher Vizeadmiral, Seemachttheoretiker, seestrategischer Denker, Experte für Schiffsartillerie, Autor zahlreicher Denkschriften zu taktischen, operativen und strategischen Fragen der Seekriegsführung; sein Grundgedanke war, dass Seemacht das Produkt von Flotte und geostrategischer Position ist und dass es darauf ankommt, die Routen des Seehandels zu kontrollieren; 1915 strategischer Opponent von Großadmiral Tirpitz und später Großadmiral Raeder; bei der Flottenführung des deutschen Kaiserreichs in Ungnade gefallen; beeinflusst durch die Schriften Mahans. Kritisierte Tirpitz´ defensives Konzept zur Verteidigung der Deutschen Bucht in einer finalen Entscheidungsschlacht gegen die britische Flotte und forderte stattdessen ein offensives Vorgehen zur Beherrschung der Nordsee und des Ausgreifens auf den Atlantik; sein Denken erfuhr in der deutschen Seekriegsführung im Zweiten Weltkrieg durch die mehrmals redigierte Veröffentlichung seines Hauptwerks 1929  (Wiederveröffentlichung 1941) neuen Auftrieb, auch wenn umstritten ist, ob der deutsche Angriff auf Dänemark und Norwegen, um Zugang zum Atlantik zu gewinnen, auf den Einfluss Wegeners zurückging oder Großadmiral Erich Raeder ein ähnliches Konzept entwickelte. In der Bundesmarine erfuhr das strategische Denken Wegeners, unterstützt durch die Schriften seines Sohnes, Konteradmiral Edward Wegener, eine Renaissance.

Werdegang

Geboren am 16.9.1875 in Stettin als Sohn des Sanitätsrats Eduard Wegener (1837-1909) und dessen Frau Martha, geb. Zitelmann (1847-1923)

Abitur am König-Wilhelm-Gymnasium, Stettin

1894 Eintritt als Kadett in die Kaiserliche Marine

1895 Seekadett auf dem Ausbildungsschiff Stosch

1896-1897 Besuch der Marineakademie

1897-1899 Dienst auf dem Kreuzer Deutschland, zuletzt als Leutnant zur See, Ostasienreise nach Tsingtau

1901 Heirat mit Therese von Gierke

1905 Kapitänleutnant

seit 1907  Autor seestrategischer Denkschriften

1909-1910 Verwendung als 1. Artillerieoffizier auf dem Großen Kreuzer Blücher

1911 Korvettenkapitän

1912-1917 zuletzt als Fregattenkapitän als 1. Admiralstabsoffizier des I. Geschwaders, Teilnahme an der Skagerak-Schlacht

1915 Trilogie von Denkschriften zu Seemacht und Seegeltung

1917 Fregattenkapitän

1917-1918 Kommandant der Kleinen Kreuzer SMS Regensburg und SMS Nürnberg

1918-19 Heimreise aus  Scapa Flow

1920 Kapitän zur See

1920-1926 Inspekteur der Marineartillerie in Wilhelmshaven

1923 Konteradmiral

1925 Hauptwerk „Die Seestrategie des Weltkriegs“ (ursprünglicher Titel „Grundlagen unserer Kriegsspiele“); als Privatdruck

1926 erschienen und unter Marineoffizieren verbreitet richtet sich gegen die Tirpitzsche Strategie und den darauf gegründeten Bau einer Hochseeflotte; Marineführung reagiert mit kategorischer Ablehnung

1926 unfreiwillige Verabschiedung als Vizeadmiral

1929 regelrechte Veröffentlichung des Hauptwerks

1941 Wiederveröffentlichung des Hauptwerks

29.10.1956 Tod in Berlin-Zehlendorf

1989 Übersetzung des Hauptwerks ins Englische und Veröffentlichung durch das US Naval Institute

Wegener hatte drei Söhne und eine Tochter. Sein Sohn Edward Wegener war Konteradmiral der Bundesmarine, setzte die strategischen Gedanken des Vaters fort und bemühte sich um die Wahrung des Nachlasses


Primärliteratur

Bücherwegener_coverI

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Die Seestrategie des Weltkrieges. Zweite durchgesehene und erweiterte Auflage. Berlin: E.S. Mittler 1941. 1. Aufl. 1929.

The Naval Strategy of the World War. Translated and with an Introduction and Notes by Holger H. Herwig. Annapollis: Naval Institute Press 1989.


Denkschriften

Reflections on Our Maritime Situation. In: Wegener 1989. S. 133-144. (von 1915)

Thoughts about Our Maritime Situation. In: Wegener 1989. S. 145163. (von 1915)

Can We Improve Our Situation? In: Wegener 1989. S. 164-185. (von 1915)

Naval Bases Policy and Fleet. In: Wegener 1989. S. 186-198. (von 1915)
Eine seestrategische Denkschrift aus dem Jahre 1917. In: Wegener 1941. S. 85-95. (von 1917)

Reflections Concerning the Concepts of Our War Games and War Studies. In: Wegener 1989. S. 199-213. (von 1925)


Sekundärliteratur

Dewar, Alfred, „Die Seestrategie des Weltkrieges.“ Von Wolfgang Wegener, Vizeadmiral a.D. Berlin 1929. In: Naval Review 17.1929,4. S. 825-828. (Rezension)

Fischer, Kurt, Wir brauchen den Atlantik: 100 Jahre Admiral Wolfgang Wegener. In: Marine-Forum, September/Oktober 1975. S. 256-260.

Gemzell, Carl-Axel, Raeder, Hitler und Skandinavien. Der Kampf für einen maritimen Operationsplan. Lund: CWK Gleerup 1965. (Dissertation)

Gemzell, Carl-Axel, Organization, Conflict, and Innovation: A Study of German Naval Strategic Planning, 1888-1940. Lund: Esselte Studium 1973.

Hansen, Kenneth P., Raeder versus Wegener: Conflicts in German Naval Strategy. In: Naval War College Review 58.2005,4. S. 81-108. Auch unter: www.usuwc.edu/.../Raeder-versus-Wegner-Conflict-in-German-Naval-Stragegy

Herotin, Joseph, L'Airpower au 21ème siècle. Enjeux et perspectives de la stratégie aérienne. Brüssel: Bruylant 2005.

Herwig, Holger H., The Failure of German Sea Power, 1914-1945: Mahan, Tirpitz, and Raeder Reconsidered. In: The International History Review 10.1988,1. S. 68-105.

Herwig, Holger H., Wolfgang Wegener and German Naval Strategy from Tirpitz to Raeder. In: Wegener 1989. S. XV-LV.

Hildebrand, Hans H./Henriot, Ernest, Deutschlands Admirale 1849-1945. Die militärischen Werdegänge der See-, Ingenieur-, Sanitäts-, Waffen- und Verwaltungsoffiziere im Admiralsrang. Bd. 3: P-Z. Osnabrück: Biblio Verlag 1990. S. 522-523.

Reichsmarine Admirals: Erich Raeder, William Michaelis, Wolfgang Wegner, Hugo Meurer, Hans Zenker. Books LLC 2010.

Rosinski, Herbert, Germany and Scandinavia. In: The Spectator vom 12.4.1940.

Rosinski, Herbert, Strategy and Propaganda in German Naval Thought. In: Brassey´s Naval Annual 1945. S. 125-150.

Ruge, Friedrich, Vizeadmiral a.D. Wegenr 80 Jahre alt. In: Leinen los, Oktober 1955.

Sigaud, Louis A., Air Power and Unification: Douhet's Principles of Warfare and Their Application to the United States. The Military Service Publ. 1949.

Tägil, Sven, Wegener, Raeder, and the German Naval Strategy: Some Viewpoints on the Conditions for the Influence of Ideas. In: Cooperation and Conflict 2.1967. S. 102-112.

Vizeadmiral a. D. Wolfgang Wegener geb. 16. September 1875. In: Marine-Rundschau 5.1955,52. S. 138-139.

Wegener, Edward, Das geistige Erbe Wolfgang Wegeners. Unveröff. Manuskript 1979. Vorhanden im Bundesarchiv-Militärarchiv Freiburg, Nachlass Wegner, N 607.

Wendt, Eckhard, Stettiner Bebensbilder. Köln: Böhlau 2004. (S. 476-477)


Debatten

Boehm, Hermann, Ein Beitrag zu dem Artikel von Konteradmiral a.D. Edward Wegener „Nochmals: Selbstverständnis und Historisches Bewußtsein der deutschen Kriegsmarine“. In: Marine-Rundschau, Mai 1971.

Salewski, Michael, Selbstverständnis und historisches Bewußtsein der deutschen Kriegsmarine. In: Marine Rundschau, Februar 1970. S. 65-88.
Wegner, Edward, Nochmals: Selbstverständnis und historisches Bewußtsein der deutschen Kriegsmarine. In: Marine Rundschau, Juni 1970. S. 321-339.

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Zum Weiterlesen

Berghahn, Volker R., Der Tirpitz-Plan. Genesis und Verfall einer innenpolitischen Krisenstrategie unter Wilhelm II. Düsseldorf: Droste 1971.

Herwig, Holger H., The Influence of A.T. Mahan upon German Sea Power. In: John B. Hattendorf (Hrsg.), The Influence of History on Mahan: The Proceedings of a Conference Marking the Centenary of Alfred Thayer Mahan´s The Influence of Sea Power upon History, 160-183. Newport: Naval War College Press 1991. S. 67-80.

Ropp, Theodore, Continental Doctrines of Sea Power. In: Edward Mead Earle/Gordon A. Craig/Felix Gilbert (Hrsg.), Makers of Modern Strategy: Military Thought from Machiavelli to Hitler. Princeton: Princeton University Press 1944. S. 446-456.

Wegener, Edward, Was heißt Seemacht? In: Marine Rundschau, Juni 1966. S. 254-263.

Wegener, Edward, Theory of Naval Strategy in the Nuclear Age. In: Naval Review, May 1972. S. 192-207.

Wegner, Edward, Der Begriff Weltnachtstreben. In: Marine-Forum, März 1982. S. 67-69.


Sonstiges

Der Nachlass Wegeners befindet sich im Bundesarchiv-Militärarchiv Freiburg


Links

Aufsatz von Hansen unter: www.usuwc.edu/.../Raeder-versus-Wegner-Conflict-in-German-Naval-Stragegy

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